Wie alle Traumata können auch Kriegstraumata als eine Reihe von Narben gesehen werden, die von Erinnerung, Angst, Identität und Politik erzählen [Judith Herman, m.d., 2015]. Das Wahrnehmen dieser Narben kann nicht nur offenbaren, wie ihre Intensität im Diskurs wirkt, sondern wirft auch ein Licht darauf, wie die Mechanismen von Wissen, Identität und Bedeutung geschaffen werden [Foucault, 1972]. Sie verkörpern die Erinnerung, aber auch die Amnesie und das Trauma des Krieges. In verschiedenen Formen und wechselnden Mustern schaffen sie fluide Atmosphären. Die Wirkung eines Traumas ist das Gegenteil von linearer Zeit. Die Vergangenheit wird in die Zukunft projiziert und kommt zurück, um die Gegenwart zu erschaffen, wodurch eine fließende Umgebung entsteht, die es dem lebendigen Trauma erlaubt, Gestalt anzunehmen und zu zirkulieren [Pierre Klossowski, 1970] [Christina Sharpe, 2016]. Wachmann fokussiert dabei auf den Moment vor dem Trauma als Begriff, um Zeit und Ereignis auf eine andere Weise zu bearbeiten als rein linear. Sie stellt die Frage, ob der Moment vor dem Trauma nicht nur zur Explosion führt, sondern auch die Fähigkeit besitzt, die Form oder sogar die Art und Weise des Ereignisses zu verändern.
Shira Wachsmann (Berlin, London) setzt sich in ihren Arbeiten mit den vielschichtigen Vorstellungen von „Land“ als natürlichem und kulturellem Lebensraum auseinander. Sie verwendet organische Materialien wie Erde, Metall, Kohle, Stroh und Pflanzen und beschäftigt sich mit deren religiösen, historischen und sozialen Inhalten. Shira Wachsmann konfrontiert dendie Betrachterin dabei mit philosophischen Ideen und politischen Ideologien und thematisiert dadurch Konzepte von Heimat und die Konstruktion von Identität. In ihrer jüngsten künstlerischen Forschung setzt sich Wachsmann mit der Wahrnehmungsfähigkeit und dem Erinnerungsvermögen von Pflanzen auseinander.